Kunstprojekt: Verwiesen vom Gymnasium Alstertal

Wer hat Interesse, an dem Schulwettbewerb “Verwiesen vom Alstertal ” in diesem Schuljahr mitzumachen? Dabei handelt es sich um ein Projekt, das gerade die S4/BK/Bro (Freitagsgruppe) realisiert. Verwiesen vom Alstertal wurden mehrere Schülerinnen und Schüler, weil sie jüdischen Glaubens waren. Einigen von ihnen wurde u. a. vorgeworfen, dass sie englische Schallplatten und “feindliche Sender” hörten. So musste sogar der “Rädelsführer” kurz vor dem Abitur unsere Schule verlassen, wurde von der Gestapo verhört und im Polizeigefängnis Hamburg-Fuhlsbüttel inhaftiert.

Herausgefunden hat all dies Frau Margot Löhr, die gegenwärtig u. a. auch für die Landeszentrale für politische Bildung an einer Veröffentlichung über die Stolpersteine im Norden Hamburgs arbeitet. Unsere Idee: Wir holen die der Schule Verwiesenen an unsere Schule zurück – wenigstens symbolisch, in künstlerischer Form!

Schul-Wettbewerb 2015 am Gymnasium Alstertal

“Der Schule verwiesen – Wir holen sie zurück”

So nannten wir das Projekt, das die letztjährige S4/BK-Gruppe realisierte. Verwiesen vom Alstertal wurden unsere beiden Schülerinnen Irene Brendel und Ursula Levi entsprechend dem Erlass des Reichsministeriums vom 2. Juli 1942, nach dem “Mischlinge ersten Grades” von der höheren Schule ausgeschlossen wurden.  Uns stand ein Klassenfoto aus der damaligen 6. Klasse der Oberschule für Mädchen im Alstertal zur Verfügung. Entstanden ist ein „Pixelbild” aus 30 Bildtafeln. Nicht nur die beiden 6-Klässlerinnen der Oberschule für Mädchen im Alstertal mussten die Schule verlassen, sondern auch Jürgen Levi, der Bruder von Ursula, seine Mitschüler Herbert Jaffe, Joachim Höhe und Norbert Holm als Schüler der Oberschule für Jungen im Alstertal mussten gehen. Norbert Holm und fünf weiteren Schülern der Oberstufe (unter ihnen auch Joachim Höhe) wurde u. a. vorgeworfen, dass sie englische Schallplatten und “feindliche Sender” hörten. Norbert musste als “Rädelsführer” kurz vor dem Abitur unsere Schule verlassen, wurde von der Gestapo verhört und im Polizeigefängnis Hamburg-Fuhlsbüttel inhaftiert.

Unsere Idee:
Wir holen diese ehemalige Schülerinnen und Schüler an unsere Schule zurück – wenigstens symbolisch!

  • Mit einem großen Schul-Wettbewerb, an dem sich alle beteiligen können: Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer sowie Eltern unserer Schule und Ehemalige.
  • Informiert euch und setzt euch mit ihrem Schicksal auseinander: künstlerisch, musikalisch, mit Spielszenen, Tanz-Performances, Texten und vielem anderen mehr, ob digital oder analog.
  • Beiträge können sowohl im Unterricht wie auch außerhalb entstehen, in Gruppenarbeit wie auch in Einzelarbeit.
  • Eure Beiträge sollen in einem “Erinnerungsbuch” dokumentiert und öffentlich gezeigt werden.
  • Außerdem werden Gestaltungsideen für den Schulbrunnen im ersten Stock gesucht. Dort gab es früher eine Brunnenfigur, die durch euren Denkmal-Vorschlag erneuert werden könnte.

Über alle unserer ehemaligen Mitschüler_innen gibt es im Lehrerzimmer Materialordner mit biografischen Texten, Dokumenten und Fotos. Und: Joachim Höhe lebt noch in Hamburg und kann uns als hochbetagter Zeitzeuge besuchen, wenn es seine Gesundheit zulässt. Er war in der Schülergruppe, die verbotene (Swing-)Musik hörte. Die Tochter von Ursula Levi hat einen Dokumentarfilm über ihre Familie und sich hergestellt, der u. a. thematisiert, wie sehr die damaligen Geschehnisse für die Betroffenen noch gegenwärtig sind. Angelika Levi lebt in Berlin und kann uns mit dem Film besuchen.

  • Für gute Beiträge werden von einer Jury attraktive Preise vergeben.
  • Die Beiträge können bis zu den Herbstferien 2015 eingereicht werden.
  • Außerdem könnten wir uns mit dem gesamten Projekt am Hamburger Bertinipreis beteiligen.

Schon seit vielen Jahren forschen Schülerinnen und Schüler des Gymnasium Alstertal an ihrer Schulgeschichte und haben erfolgreich an Wettbewerben teilgenommen. Zum Beispiel am Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten und am Bertinipreis-Wettbewerb – mit bleibenden Ergebnissen: z. B. einer Stadtteil-Gedenkwand in der St. Lukaskirche und einem selbst entworfenen Denkmal im Garten der Frauen auf dem Ohlsdorfer Friedhof sowie der Verlegung von Stolpersteinen im Stadtteil.

Ein Gemeinschaftsprojekt entstand mit dem Margaretha-Rothe-Gymnasium: Dort gestalteten Schülerinnen und Schüler des GA und des MRG im Comic-Stil biografische Bildtafeln über die Namensgeberin, die in der sog. Hamburger Weißen Rose aktiv war. Im Lesekreis unserer späteren Schulleiterin Erna Stahl kam sie in Kontakt mit verbotener Literatur.

Für alle Projekte erhielt das Gymnasium Alstertal 2006 den Kulturpreis der Bezirksversammlung Nord.

Wir bedanken uns bei Frau Margot Löhr. Ohne ihre umfangreichen Recherchen wäre dieses Projekt nicht vorstellbar. Als Mutter dreier Jungen unserer Schule ist sie auch an den erfolgreichen Bertini-Preis-Projekten beteiligt gewesen. Gegenwärtig arbeitet sie außerdem für die Landeszentrale für politische Bildung an einer Veröffentlichung zu den Stolpersteinen im Norden Hamburgs.

Für Fragen und weitere Informationen stehe ich gern zur Verfügung.
Gerhard Brockmann, Kunsterzieher, Januar 2015

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